Ein Bericht von Klaus Adler
Eine ganze Woche lang strahlend blauer, wolkenloser Himmel und
traumhafter Pulverschnee! Ideale Skitourenverhältnisse mit nur
geringer Lawinengefahr. Das ist keine Wunschvorstellung beim
Anblick des Sonnenscheins durch das Bürofenster, sondern war letze
Woche wirklich so - in Andermatt, in der Zentralschweiz, zwischen
Gotthard-, Furka- und Oberalp-Pass. Das Bergdorf in 1440m Hohe
liegt wirklich ideal und bietet unzählige Tourenmöglichkeiten. Mit
dem dichten Eisenbahnverkehr auf der Furka-Oberalp-Bahnstrecke sind
die meisten Gipfel - die Berge sind alle zwischen 2700 und 3000m
hoch - angenehme Tagestouren.
Nach dem Frühstück in unserem "Kellerlokal" - wir hatten ein
relativ preisgünstiges Lager-Quartier, das aber leider im Keller
eines Hauses fast ohne Tageslicht war - marschierten wir täglich
zum nahegelegenen Bahnhof. Der Zug zum Oberalppass fährt im
Halbstundentakt und ist immer mit zahlreichen anderen
Skitorengehern und Pistenskifahrern voll besetzt. Am Pass in 2048m
Höhe werden die Ski angeschnallt und die Skitourengeher marschieren
in die verschiedenen Richtungen los. Trotz der vollen Züge war aber
auf keiner Tour "Massenbetrieb". Wir waren oft sogar alleine
unterwegs, auch von den Skiliften und Pisten war schon kurz nach
Verlassen der Passhöhe nichts mehr zu merken. Allerdings gab es
natürlich fast keine unverspurten Hänge mehr.
Trotzdem waren viele Abfahrten ein Genuss, vor allem in der
ersten Wochenhälfte war es grimmig kalt und der Pulverschnee blieb
erhalten. Dann wurde es etwas wärmer und die Schneequalität nahm
deutlich ab. Als Eingehtour am Sonntag-Nachmittag gingen wir vom
Oberalppass auf den Pazolastock (2700m), von dem man 1300
Höhenmeter Abfahrt direkt nach Andermatt hat.
Am Piz Giuv (3011m) zogen wir eine einsame Spur durch den
steilen Gipfelhang. Am Rückweg kann man nach ein paar km
"Langlaufen" über den zugefrorenen Oberalpsee ebenfalls direkt nach
Andermatt abfahren. Auch die Gipfelstation der Gemsstock-Seilbahn
bietet einen herrlichen Ausgangspunkt für eine Skitour auf den
Rotstock und den Piz Centrale (2999m) Wir haben gleich beide Gipfel
am selben Tag nacheinander bestiegen und sind so auf insgsamt fast
2000 Abfahrtshohenmeter bei nur 800 Aufstiegshöhenmetern
gekommen.
Eine weitere tolle Gipfeltourenkombination vom Oberalppass aus
sind Badus und Rossbodenstock, von dem man dann 1400 steile
Abfahrtshöhenmeter nach Andermatt hat.
Dagegen ist die sehr beliebte Tourenabfahrt durch das Fellital
nach Gurtnellen mit 1700 Abfahrtshöhenmetern "nur" landschaftlich
schön. Denn ab der Hälfte "fährt" man auf einem Sommerwanderweg in
dichtem Steilwald, unten geht es dann auf der Forststrasse und am
Schluss steht man vor der Gotthard-Autobahn, wo wir erst nach
längerem die richtge Unterführung zur Busstation fanden.
Unsere längste Tour war der Piz Lucendro (2965m). Hier hat man
keinen so hoch gelegenen Ausgangspunkt sondern muss von Realp
(1535m) aus losmarschieren. Oben machten wir den Fehler, den
steilen Gipfelhang direkt hinaufzuspuren, anstatt auf der
vorhandenen Spur "hintenherum" zu gehen. Im grundlos tiefen
Pulverschnee brauchten wir vermutlich die dreifache Zeit. Von allen
Gipfeln hat man eine Fernsicht über ein unglaubliches Gipfelmeer,
aus dem die grossen Viertausender der Walliser und Berner Alpen
herausragen. Fazit: So eine tolle Skitourenwoche gibt es wirklich,
nur nicht sehr oft!
Update 5.3.03 Christian Faltin |